Offener Brief

Offener Brief an den Bürgermeister Dieter Decker bezüglich des geplanten Industriegebietes an der B211

22.08.08 – von Gerd Langhorst –

19.08.2008
-Offener Brief-

Geplantes Industriegebiet an der B 211

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

auf unserer gestrigen Fraktionssitzung haben wir das mit Vorlage Nr. 2007/112 vom 25.05.2007 begonnene Thema „Entwicklung von Gewerbeflächen“ noch einmal ausführlich erörtert, auch in seiner chronologischen Abfolge, was den nicht immer zufriedenstellenden Informationsfluss zwischen Ihnen und den Ratsgremien, sowie die daraus resultierenden sehr knappen Beschlüsse nach Änderung der Planung in Industriegebiet (GI) angeht.

Unsere Fraktion hat bekanntlich einer Erweiterung des Gewerbegebietes von Anfang an zugestimmt, wenn auch mit berechtigten Argumenten für einen großzügigen ökologischen Ausgleich und in den umliegenden Dörfern akzeptierbaren Begrenzungen und Begrünungsmaßnahmen.

In diesem Zusammenhang möchte ich einige Punkte nennen und damit auch begründen, warum wir einer Ausweisung als Industriegebiet (GI) nicht zustimmen werden:

•    Das RROP des Landkreises sieht das infrage kommende Gebiet als „Vorsorgegebiet für Natur- und Landschaft sowie Naherholung“ vor. Das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP), beruhend auf dem Landesraumordnungsprogramm(LROP), entfaltet verwaltungsrechtlich eine Bindungswirkung für die Planungen einer Kommune wie Rastede.  Mit der Ausweisung als Industriegebiet (incl. Option immerhin 23 ha) durch die Gemeinde wird dieses übergeordnete Planungsrecht entwertet  und von der Gemeinde überdehnt, da sie  den ursprünglichen Sinn der Raumordnungsprogramme extrem verändert. Das Vertrauen der Bevölkerung in Planungsprozesse des Landes und des Landkreises wird durch solche schwerwiegenden Eingriffe verletzt.

•    Die anfänglich als Ausgleichsflächen für die Aufforstung als Laubmischwald hervorragend geeigneten ortsnahen Flächen 2 und 3 nördlich der B 211 stehen nach Ihrer Aussage im Ausschuss für Bau, Planung, Umweltschutz und Straßen plötzlich „nicht mehr zur Verfügung“. Wir verweisen auf die Beschlussvorlage 2007/112, Punkt 5, in der der Verkäufer der Gemeinde die Möglichkeit einräumt, in seinem Eigentum befindliche Flächen für Kompensationsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Die Flächen 2 und 3, als Laubmischwald entwickelt, würden  für das Dorf Loy einen zukünftigen in unmittelbarer Nähe zum Planungsgebiet liegenden hochwertigen und argumentativ gut vertretbaren Ausgleich bieten.

•    Die Abholzung des Waldes wird (erneut in der verteilten  Bürgerinformation) mit dem Hinweis auf die großen Waldflächen Rastedes relativiert. Fakt ist aber, das die Gemeinde Rastede mit ca.  10% ihrer Fläche erheblich unter dem nds. Landesdurchschnitt von 24 % liegt.

•    Der Ausgleich für die Vernichtung des Waldes sollte 1: 2 erfolgen. Diese erklärte Absicht soll nur im Verhältnis 1: 1,7  auf verstreuen kleinen Flächen, ohne landschaftlichen Zusammenhang, bzw. weit entfernt von der auszugleichenden Fläche und teilweise im Ipweger Moor, umgesetzt werden. Moor ist aber vom Boden her niemals Standort eines Laubmischwaldes. Das ist Ausgleich ohne die von uns erwartete Qualität.

•    Eine Zielplanung zur Abgrenzung des Gebietes in Richtung Loy, Ipwege und Wahnbek mit entsprechender Information der Bevölkerung  fehlt. Die im Kaufvertrag enthaltene Option auf Vergrößerung von 15 ha auf 22,5 ha wird in der o.g. Bürgerinformation verschwiegen. Fehlende Transparenz sorgt  aber für Gerüchte und Misstrauen.

•    Das sich im Planungsgebiet befindliche § 28a-Biotop hat in einem Industriegebiet keine Überlebenschance, wohl aber, wenn  ein Grünstreifen entlang der B211 in einem sowieso aus verkehrlichen Gründen nicht überbaubaren Bereich angelegt bzw. erhalten bliebe. In diesem Zusammenhang ist das (nur für kundenorientierte Betriebe wichtige Argument)„Gewerbebetriebe wollen sichtbar sein“ unglücklich. Der wirtschaftliche Erfolg der bisherigen Betriebe am Schafjückenweg, der Lackharzwerke in Hahn, dem BüFa Betrieb im Industriegebiet auf der Liethe oder die in der „zweiten Reihe“ befindlichen Betriebe in den anderen Rasteder Gewerbegebieten zeigt die Schwäche diese Arguments.

•    Die Anbindung des geplanten Industriegebiets ist nur suboptimal, weil sie einseitig nur auf den Straßenverkehr setzt.  Eine evtl. mögliche und zukünftig wieder wichtiger werdende Anbindung an die Schiene entfällt. Diese ist beim Industriegebiet Liethe jedoch möglich, auch vor dem Hintergrund eines sich abzeichnenden Bedeutungszuwachses für die Bahnlinie OL – WHV, bedingt durch den Bau des Tiefwasserhafens und die weitere Energiepreisentwicklung. In diesem Industriegebiet ist aber seit Jahren keine positive Veränderung spürbar.

•    Die Zulässigkeit eines Betriebes in einem Gewerbe- oder Industriegebiet hängt nicht wie behauptet von der Regelung seiner Arbeits- und Betriebszeiten ab, sondern von der Höhe der Emissionen, die abgegeben werden. Ein Drei-Schicht-Betrieb ist auch in einem Gewerbegebiet möglich!
Ein Industriegebiet würde die Ansiedlung von Betrieben ermöglichen, die über die Regelungen für ein Gewerbegebiet hinausgehen und die die dort geltenden Emissionsgrenzen nicht einhalten können, bzw. bis an die Obergrenzen des Bundesimmisionsschutzgesetzes (BImschG) gehen wollen. Das ist nicht akzeptabel.

Die Frage, ob unsere Gemeinde großflächige weitere Industrieansiedlungen für eine zukunftsfähige Entwicklung braucht oder ob die bisherige, erfolgreiche Wirtschaftsförderung durch Ansiedlung und Weiterentwicklung bestehender Gewerbegebiete weitergeführt werden soll, ist mitentscheidend für die Zukunft Rastedes.

Der zunächst von Ihnen begonnene Weg, Erweiterung des Gewerbegebiets Schafjückenweg,  den alle Fraktionen des Rates während der ersten Planungsmonate vertrauensvoll mitgegangen sind, ist im Oktober 2007 einseitig von Ihnen durch Umwidmung der Planungsabsichten in den Status  Industriegebiet (GI) verändert worden.

Die Fraktion B90/GRÜNE fordert Sie auf,  zu den  ursprünglich vermittelten Planungszielen, nämlich der Erweiterung des Gewerbegebietes Schafjückenweg, zurückzukehren und die Planung eines Industriegebietes aufzugeben.
Damit wäre eine breite Konsensbildung, sowohl im Rat als auch in der Bevölkerung, für eine weitere wirtschaftliche Entwicklung, verbunden mit der Schaffung von Arbeitsplätzen, aber ohne die Vergabe eines Blanko-Schecks für Industriebetriebe mit unbekannten Emissionen,  möglich.



Freundliche Grüße,

gez. Gerd Langhorst
Fraktionssprecher

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